Erinnerungen gegen den Krieg
- Nie wieder Krieg!
Am Mariannenplatz in Kreuzberg steht ein altes Schulgebäude, früher
das Leibniz Gymnasiums.
Neben dem Gebäude steht ein Denkmal mit folgender Inschrift:
„DEN IM WELTKRIEG GEFALLENEN SCHÜLERN DES
LEIBNIZ-GYMNYSIUMS ZUM EHRENDEN ANDENKEN
DULCE ET DECORUM EST PRO PATRIA MORI“
Es folgen die Namen der Schüler, die im Ersten Weltkrieg gefallen
sind: GEORG BENECKE, FRIEDRICH BETGE, HEINZ BOESE
usw. 122 Namen.
Darunter eine weitere Inschrift:
„Mit dem in diesem Denkmal eingelassenen Spruch – „es ist süß
und ehrenvoll für das Vaterland zu sterben“ – wurden in der
Vergangenheit junge deutsche Männer auf den sogenannten
Heldentod vorbereitet. Die Bezirksverordnetenversammlung von
Kreuzberg fordert demgegenüber im UN-Jahr des Friedens 1986
‚Nie wieder Krieg!‘“
In Deutschland wird in jedem Dorf der gefallenen Soldaten des Ersten
Weltkriegs gedacht. Auf großen Tafeln sind die gefallenen Soldaten
des Ortes verzeichnet.
Der Vater oder die Mutter, Bruder oder Schwester, Sohn oder Tochter
gingen vorbei und wussten, dass auf den Tafeln auch die ihren zu
finden sind. Sie haben um den Tod ihres Sohnes, ihre Bruders oder
Vaters getrauert.
Noch heute können Nachgeborene die Namen ihrer gefallenen
Vorfahren lesen, aber auf keiner Tafel die Inschrift:
„Nie wieder Krieg!“
Auf keiner Tafel steht: Diese Soldaten wurden für fremde Interessen
in den Tod geschickt, für Kaiser, Militär und Kapital. 2/10
Die gefallenen Soldaten wurden geehrt, die Kriegsgegner geächtet.
Revanche wurde gefordert, der nächste Krieg vorbereitet und die Tafel
ergänzt um die Namen der gefallenen Soldaten des Zweiten
Weltkrieges.
Und immer noch können wir auf keiner Tafel lesen: „Nie wieder
Krieg!“
Auf keiner Tafel steht: „Nie wieder Faschismus!“. - Krieg gegen den Faschismus
Am Gehweg der Schönhauser Allee – dort, wo sich U-Bahn und SBahn schneiden – sind vier Bronzetafeln angebracht.
Auf einer steht:
„alle, die ihr hier vorübergeht, erweist jenen die Ehre, die
gefallen sind, damit ihr leben könnt“.
Dieser Satz ist auch auf Englisch, Französisch und Russisch zu lesen.
Er gilt den englischen, französischen und russischen Soldaten des
Zweiten Weltkrieges.
Gilt er auch den deutschen Soldaten? Sie haben nur Tod gebracht.
Kann man ihnen deswegen Ehre erweisen? Unser Väter oder
Großväter sind gefallen, weil sie an einem Eroberungs – und
Vernichtungskrieg beteiligt waren. Die überlebten, schwiegen. Sie
haben diesen schändlichen Krieg totgeschwiegen und ihre Toten
betrauert.
Nur wenige Deutsche haben gegen den Faschismus gekämpft. Auf
einer der vier Bronzetafeln sind Flugblätter abgebildet. Darauf steht:
„BERLINER zum Kampf. Rettet, was uns noch verblieben ist!
Rettet Berlin! Tod den Hitlerbanditen!
Unser das Leben: Unser die Zukunft!“
Auf einer Bronzetafel in der Ritterstraße in Kreuzberg ist der Kopf
einer jungen Frau zu sehen. Darunter steht:
„In der Lampenschirmfabrik Paulus, Ritterstr. 16, musste Hanni
Meyer (1921-1943) als Jüdin Zwangsarbeit leisten.
Sie verbreitete mit der jüdisch-kommunistischen
Widerstandsgruppe Baum antifaschistische Flugschriften.3/10
Am 4. März 1943 wurde Hanni Meyer im Alter von 22 Jahren in
Berlin-Plötzensee hingerichtet.“
Erinnert an die Opfer von Krieg und Faschismus!
Trauert um die Opfer?
Vor allem aber ehrt die gegen Krieg und Faschismus gekämpft haben! - Ein Eroberungs- und Vernichtungskrieg
Als sich Markus Meckel1 2013 um eine Neuausrichtung des
Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge bemühte, entbrannte in
den folgenden Jahren ein heftiger Streit um die Frage: Was war das
für ein Krieg, den Deutschland von 1939 bis 1945 führte?
Der Bundesvertretertag des Volksbundes weigerte sich anzuerkennen,
dass das faschistische Deutschland
• „ein rassistisch geprägtes Europa unter deutscher Vorherrschaft
zu realisieren suchte“ und
• den Krieg „insbesondere im Osten Europas als Eroberungs- und
Vernichtungskrieg“ führte2
.
Markus Meckel trat mit folgender Begründung zurück: „Ich sehe
keine Chance für die von mir angestrebte Reform im Volksbund“.
Dazu sein Nachfolger: „Der Rücktritt von Herrn Meckel hat nach
meiner Auffassung so gut wie nichts mit inhaltlichen Fragen des
Ausrichtung des Volksbundes für heute, morgen und übermorgen zu
tun“ 3
. Nachfolger von Markus Meckel ist der ehemalige
Generalinspekteur der Bundeswehr Wolfgang Schneiderhan4
.
1 Markus Meckel, Pastor in der DDR, 1989 Mitbegründer der SPD in der DDR, nach der März-Wahl
1990 Außenminister der DDR, nach der Wiedervereinigung bis 2009 Mitglied des Bundestags des
wiedervereinigten Deutschlands.
2 Der Vorstand hatte zunächst einen Entwurf beschlossen, in dem der Zweite Weltkrieg als Angriffskrieg
beschrieben wurde, „in dem das nationalsozialistische Deutschland ein rassistisch geprägtes Europa unter
deutscher Vorherrschaft zu realisieren suchte. Er wurde insbesondere im Osten Europas als Eroberungs- und
Vernichtungskrieg geführt und war Voraussetzung für einzigartige Verbrechen, vor allem für den
millionenfachen Mord an den europäischen Juden….“
Der Bundesvertretertag des Volksbundes verabschiedete jedoch wenige Monate später folgende
Version: „…Dieser Angriffskrieg des nationalsozialistischen Deutschlands forderte Millionen Opfer, Soldaten
und Zivilisten, und war Voraussetzung für beispiellose Verbrechen bis hin zum Völkermord an den europäischen
Juden ….“ (www.zukunft-der-kriegsgräberfürsorge.de/Leitbild-Diskussion)
3 Zitiert nach https://www.deutschlandfunk.de/volksbund-deutsche-kriegsgraeberfuersorge-schneiderhan
-will.1773.dehtml?dram, abgerufen am 18.07.2018)
4 Stellvertreter des neuen Präsidenten Schneiderhan ist Wolfgang Wieland, vormals Mitglied des
Deutschen Bundestags für Bündnis 90/Die Grünen. Neu in den Vorstand gewählt wurden Detlef Fritzsch,
ehemaliger Präsident der Bundespolizeidirektion Pirna und Hartmut Tölle, Vorsitzender des DGB-Bezirks
Niedersachsen-Bremen-Sachsen-Anhalt (https://www.presseportal.de/pm/18238/3623413 und
https://www.volksbund.de/presse/volksbund/organisation/mitgliedergremien.html, abgerufen am 18.7.2018). 4/10 - Entmilitarisierung Deutschlands 1945
Nach der Kapitulation 1945 wurde die Deutsche Rüstungsproduktion
auf zivile Produktion umgestellt und die deutsche Armee aufgelöst.
Deutschland wurde entmilitarisiert.
Diejenigen, die diese Zeit bewusst miterlebt haben, sind heute über
80 Jahre alt. Wir sollten sie fragen: „Gab es Deutsche, die nach
Kriegsende noch einmal deutsche Soldaten wollten, noch einmal ein
deutsches Heer, noch einmal eine deutsche Marine, noch einmal eine
deutsche Luftwaffe?“ Ich kenne nur eine Antwort: Es gab niemanden.
Und das nicht nur, weil Deutschland 1945 kapitulieren musste und die
Antihitlerkoalition die vollständige Entmilitarisierung Deutschlands
beschlossen hatte5
. Die Schrecken des Krieges waren noch zu
lebendig.
Bald wird sich niemand mehr ein entmilitarisiertes Deutschland
vorstellen können.
Die, die die Selbstverständlichkeit eines entmilitarisierten
Deutschlands bezeugen können, leben bald nicht mehr. - Ohne mich – Remilitarisierung und NATO
Franz Josef Strauß verkündete 1949: „Wer noch einmal das Gewehr in
die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen“. Sieben Jahre
später war er Verteidigungsminister.
Gegen die Remilitarisierung kämpfte die „Ohne mich“-Bewegung. Es
war der Beginn der bundesrepublikanischen Friedensbewegung.
Gewerkschaften, Kirchen, die Frauenbewegung, die KPD und Teile
der SPD beteiligten sich. Weil Gustav Heinemann die von Konrad
Adenauer betriebene Wiederbewaffnung ablehnte, trat er 1950 als
Bundesinnenminister zurück. Martin Niemöller regte eine
Volksbefragung an. Sie wurde vom neuen Innenmister Lehr verboten.
Trotzdem wurden fast 6 Millionen Unterschriften gegen die
Widerbewaffnung gesammelt6
.
Schirmherr des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Der
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge arbeitet nicht nur mit Mitteln des Auswärtigen Amtes, aber im
Auftrag der Bundesrepublik Deutschland (Wikipedia unter Volksbund Deutsch Kriegsgräberfürsorge unter 3.6
- aktuelle Organisation -, abgerufen am 17.07.2018)
5 Potsdamer Abkommen
6 Ohne mich Bewegung wikipedia, abgerufen am 18.7.2018. Siehe auch Dokumentarfilm Christoph
Boekel und Be ate Rose mit Oskar Neumann, Konrad Adenauer und der Friedensbewegung der 50er Jahre: Der
längeres Atem. Antimilitaristische Opposition und Wiederaufrüstung in Westdeutschland 1945 – 1955. 5/10
1955 wurde Westdeutschland Mitglied der NATO, ein Jahr später der
Remilitarisierung der Weg ins Grundgesetz geebnet.
Der Beitritt zur NATO hatte Westdeutschland den Weg zur
Remilitarisierung eröffnete. Die Worte „Wer noch einmal das Gewehr
in die Hand nehmen will, dem soll die Hand abfallen“ – waren in
wenigen Jahren vergessen.
1957 zogen die ersten Wehrpflichtigen in die Kasernen der
Bundeswehr.
- Das ökonomische Fundament der Blockkonfrontation
Deutschland hatte gegen die Sowjetunion Krieg geführt hatte. Nur
wenige Jahre waren vergangen. Und wieder war die Sowjetunion der
Hauptfeind.
Im Mai 1950 erklärten die Vereinigten Stabschefs der westlichen
Alliierten: „Die Vereinigten Stabschefs sind der festen Überzeugung,
dass aus militärischer Sicht die angemessene und frühe
Wiederbewaffnung Westdeutschlands von grundlegender Bedeutung
für die Verteidigung Westeuropas gegen die UdSSR ist“.
Erst nachdem Westdeutschland der NATO beigetreten war, gründete
sich der Warschauer Pakt. Beide Militärblöcke wurden ergänzt durch
länderübergreifende wirtschaftliche Zusammenschlüsse7
.
Entscheidend für diese Blockkonfrontation war ihr gegensätzliches
ökonomisches Fundament. Die Länder, die sich in der NATO
zusammengeschlossen hatten, waren kapitalistische Länder. Ihre
Wirtschaft beherrschten Großunternehmen, die in privaten Händen
waren, während in der UdSSR und den anderen Länder des
Warschauer Paktes solche Privatunternehmen enteignet worden
waren.
Die USA, Deutschland die anderen NATO-Länder fürchteten nichts
so sehr als dass es den großen kapitalistischen Unternehmen in ihren
Ländern genauso ergehen könnte. Alleine die Existenz von Staaten,
die nicht von kapitalistischen Großunternehmen beherrscht werden,
war eine Bedrohung für die kapitalistischen Länder.
Herausgeber: UNIDOC-Film GmbH, Dantestraße 29, 80000 München 19, München 1983, 7 ff ; vgl. auch
Christoph Boekel: Der lange Atem – ein gewöhnlicher Fall politischer Zensur (unter protest-muenchen.subbavaria.de/artikel/3717)
7 Den Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW) auf der einen Seite und die Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) auf der anderen Seite. 6/10 - Der Kampf gegen den Krieg der USA in Vietnam
Dieser Gegensatz war weltumspannend und erlaubte den Ländern in
Asien und Afrika die Befreiung vom Kolonialismus.
Vietnams langer Befreiungskampf war ein besonders bedeutsames
Beispiel. Ohne die Unterstützung der UdSSR und Chinas wäre dieser
Befreiungskampf nicht erfolgreich gewesen. Der weltweite
Widerstand gegen Krieg der USA in Vietnam war Teil der weltweiten
Antikriegsbewegung. Dies galt auch für Westdeutschland. Die
Bundesrepublik bekämpfte die Befreiungsbewegungen, die DDR
unterstützte sie. Auch Kuba hätte ohne das sozialistische Lager kaum
überlebt. - Kampf dem Atomtod
1983 kämpfte die Friedensbewegung gegen die Stationierung
amerikanischer Mittelstreckenraketen in Deutschland. Es waren
Raketen mit Atomsprengköpfen. Viele Städte und Gemeinden sahen
sich als Stadt oder Gemeinde in der Verantwortung und erklärten sich
zu „atomwaffenfreien Zonen“. So drückten sie ihre Ablehnung von
Atomwaffen aus.
In Berlin erklärten die Bezirksverordneten von Kreuzberg ihren
Bezirk zur atomwaffenfreien Zone. In der Yorkstraße an der Grenze
zum Bezirk Schöneberg enthüllten die Bezirksverordneten feierlich
ein Schild „Kreuzberg – atomwaffenfreie Zone“. Der Schildermacher
in der Schinkestraße, beauftragt, das Schild anzufertigen, freute sich
über diesen Auftrag: „Ich selbst war vor vielen Jahren aktiv in der
Bewegung „Kampf dem Atomtod“.“
Auslöser dieser Bewegung „Kampf dem Atomtod“ waren Pläne der
Bundesregierung gewesen, die Bundeswehr mit taktischen
Atomwaffen auszurüsten. Dagegen veröffentlichten 1957 deutsche
Atomwissenschaftler den Göttinger Appell. Es folgte ein Aufruf
„Kampf dem Atomtod“, hinter dem sich ein breites Bündnis von SPD,
DGB, FDP, EKD, Wissenschaftlern und Schriftstellern versammelte.
Es folgten Massenkundgebungen und auch politische Streiks. Im 7/10
Dezember 1958 entschied die NATO, dass nicht die Bundeswehr,
sondern nur die USA in Westdeutschland über Atomsprengkörper und
die notwenigen Codes für ihre Entsperrung verfügen sollen.
ICAN …. - Das Ende der Blockkonfrontation?
Die „Verteidigung Westeuropas gegen die UdSSR“ erledigte sich - Denn Grundlage des NATO-Vertrages war von Anfang an die
Annahme, dass die Sowjetunion Westeuropa angreifen könnte8
. Aber
die Sowjetunion griff nicht an, sie zerfiel.
Die UdSSR gab es nicht mehr. Der Warschauer Pakt hatte sich
aufgelöst.
Die NATO löste sich nicht auf und die Bundeswehr auch nicht,
obwohl sie das Ziel, für das sie gegründet worden waren, erreicht
hatten.
Deutschland ohne Armee – das ging 1945, aber nicht mehr 1989. - Der Krieg gegen Jugoslawien – ein Lehrstück
Bis zur Wiedervereinigung glaubte kein deutscher Soldat an einen
Kriegseinsatz, schon gar nicht an einen Kriegseinsatz in Afghanistan.
Undenkbar war ein Einsatz deutscher Soldaten in Jugoslawien. Auch
diejenigen, die das bezeugen können, werden bald nicht mehr leben.
Wenige Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion und des Warschauer
Pakts bombardierte die NATO Jugoslawien. Und Deutschland
bombardierte mit. Das Undenkbare war Realität geworden.
Deutschland war im Krieg. Krieg war wieder ein Mittel der Politik.
Das war Deutschlands Rückkehr zur „Normalität“.
8 Die Mitglieder der NATO verpflichteten sich zu gegenseitigem Beistand, auch mit Waffengewalt,
wenn eines oder mehrere ihrer Mitglieder bewaffnet angegriffen werden würden. Artikel 5 des NATO Vertrages:
„Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder
Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird; sie vereinbaren daher, dass im Falle eines solchen
bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen
anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die
angegriffen werden, Beistand leistet, indem jede von ihnen unverzüglich für sich und im Zusammenwirken mit
den anderen Parteien die Maßnahmen, einschließlich der Anwendung von Waffengewalt, trifft, die sie für
erforderlich erachtet, um die Sicherheit des nordatlantischen Gebiets wiederherzustellen und zu erhalten. Von
jedem bewaffneten Angriff und allen daraufhin getroffenen Gegenmaßnahmen ist unverzüglich dem
Sicherheitsrat Mitteilung zu machen. Die Maßnahmen sind einzustellen, sobald der Sicherheitsrat diejenigen
Schritte unternommen hat, die notwendig sind, um den internationalen Frieden und die internationale Sicherheit
wiederherzustellen und zu erhalten.“ Die NATO berief sich dabei auf das Recht zur Selbstverteidigung nach
Artikel 51 der Satzung der UNO 8/10
Der Sieg der NATO und USA über die Sowjetunion und den
Warschauer Pakt ebnete den Weg zum ersten Krieg in Europa nach
über 50 Jahren.
Bundeskanzler Schröder nannte als Ziel des Krieges: „Weitere
schwere und systematische Verletzungen der Menschenrechte
unterbinden und eine humanitär Katastrophe im Kosovo verhindern“9
.
Wer will schon schwere und systematische Verletzungen der
Menschenrechte hinnehmen? Wer will eine humanitäre Katastrophe
zulassen? Es waren die Bilder im Fernsehen mit der endlosen Zahl
von Flüchtenden, die niemand akzeptieren wollte. Aber dagegen Krieg
führen? Was rechtfertigt einen Krieg?
Außenminister Fischer: …..
Das allein rechtfertigt jedoch keinen Krieg. Das Recht für eine
militärische Intervention muss vom Sicherheitsrat der UNO
festgestellt werden. Die NATO hatte kein Mandat der UNO für einen
Krieg gegen Jugoslawien. Die NATO konnte den Krieg auch nicht als
Selbstverteidigung rechtfertigen; die NATO war von keinem Land
angegriffen worden10. Der Krieg verstieß gegen alle Regeln, zu denen
sich die Völkergemeinschaft nach dem Zweiten Weltkrieg in der UNO
verpflichtet hatte.
Bundeskanzler Schröder behauptete: „Wir führen keinen Krieg, aber
wir sind aufgerufen, eine friedliche Lösung im Kosovo auch mit
militärischen Mitteln durchzusetzen“11. Eine „Lösung mit
militärischen Mitteln“ is t keine friedliche Lösung, sondern Krieg. Die
Bundeswehr beteiligte sich an den Bombardements vom ersten Tag an
mit 10 Tornados ECR und 4 Tornados Recce. Die ECR Tornados
flogen 428 SEAD – Einsätze. Unter anderem wurden 200 Raketen des
Typs AGM-88 HARM eingesetzt12
.
9 Erklärung von Bundeskanzler Schröder zur Lage im Kosovo, Pressemitteilung Nr. 111/99 vom 24.
März 1999 Presse und Informationsamt der Bundesregierung
10 Noch während des Krieges gegen Jugoslawien beschloss die NATO im April 1999 ein neues
strategisches Konzept; danach will die NATO „Konflikte verhüten oder, sollte eine Krise auftreten, in
Übereinstimmung mit dem Völkerrecht zu deren wirksamer Bewältigung beitragen, darunter auch durch die
Möglichkeit von nicht unter Artikel 5 fallenden Krisenreaktionseinsätzen (Ziffer 31)“ (siehe
www.bpb.de/apuz/32306/das-neue-strategische -konzept-der-nato?p=all). Hier wird einerseits die Beschränkung
nach Artikel 5 des NATO Vertrages aufgehoben, die keinen Kriegseinsatz erlaubte, wenn ein oder mehrere
NATO Staaten nicht angegriffen werden, und andererseits die „Übereinstimmung mit dem Völkerrecht“
verlangt, gegen das die NATO zur gleichen Zeit im Jugoslawienkrieg verstieß.
11 Erklärung von Bundeskanzler Schröder zur Lage im Kosovo, Pressemitteilung Nr. 111/99 vom 24.
März 1999 Presse und Informationsamt der Bundesregierung
12 Alle Angaben nach https://de.wikipedia.0rg/wiki/kosovokrieg#kriegsgeshehen 9/10
Bundeskanzler Schröder: „Wir werden alles tun, um Verluste unter
der Zivilbevölkerung zu vermeiden“ 13. Die NATO bombardierte in
der ersten Kriegsnacht mehrere serbische Chemie – und
Petrochemiewerke im Chemie-Großkombinat Pancevo, einem Vorort
von Belgrad. Große Mengen an giftigen und krebserregenden Stoffen
traten dabei in Wasser und Luft aus. Die Schwaden aus den
brennenden Fabriken hüllten Pancevo in eine Giftwolke, darunter
Phosgen, das vor allem für seinen Einsatz als Lungenkampfstoff im
Ersten Weltkrieg bekannt ist (Grünkreuz). Später wurde das Gebäude
des Serbischen Rundfunks (RTS) bombardiert. 16 Zivilisten wurden
dabei getötet. Der Belgrader Fernsehturm wurde zerstört. Es starben
19 Menschen14. Im Mai und Juni richteten sich die Angriffe auf die
Stromversorgung in Serbien.
Die NATO hatte schon vor ihrer „humanitären Intervention“ in
Jugoslawien die Erweiterung nach Osten begonnen15. Kurze Zeit
später wurde „Deutschlands Sicherheit auch am Hindukusch
verteidigt.“16 Die „humanitären Interventionen“ der NATO
beschränkten sich nicht mehr auf Europa17
. - Es werden neue Kriege vorbereitet.
- Abrüsten statt Aufrüsten
- Für einen atomwaffenfreien Planeten- bei uns anfangen!
- Juli 2018
13 Erklärung von Bundeskanzler Schröder zur Lage im Kosovo, Pressemitteilung Nr. 111/99 vom 24.
März 1999 Presse und Informationsamt der Bundesregierung
14 Alle Angaben nach https://de.wikipedia.0rg/wiki/kosovokrieg#cite_note-HS-12
15 1990 wurden die Gebiete der ehemaligen DDR und Berlins Teil des NATO Gebiets; aber nichtdeutsche
NATO-Truppen dürfen dort jedoch nicht dauerhaft stationiert werden, Art. 5 Abs. 3 des Regelungsvertrages vom - September 1990 (BGBl. II S. 1318). Danach nahm die NATO zahlreiche Länder der ehemaligen
Sowjetunion, des Warschauer Pakts und Jugoslawiens in die NATO auf 1999: Tschechien, Polen und Ungarn;
danach Estland, Lettland, Litauen, die Slowakei, Slowenien, Bulgarien, Rumänien; 2008/2009: Albanien und
Kroatien
16 Beitrag „De Maiziére lobt Strucks Leistung“ vom 3.7.2013 unter https://www.ntv-tv.de/politik/DeMaiziere-lobt-Strucks-Leistung-article9886866.html
17 Der ISAF – Einsatz in Afghanistan (kein Blauhelmeinsatz) stand von 2003 bis 2014 unter der Führung
der NATO (wikipedia unter NATO ISAF – Einsatz in Afghnistan, abgerufen 17.7.2018). Irak, Afghanistan,
Pakistan, Japan, Australien, Süd-Korea u.a. sind globale Partner der NATO (https//:crp-infotec.de/natopartnerschaft-und-kooperation/); jüngst wurde Kolumbien als „globaler Partner“ aufgenommen (Volker
Hermsdorf „Forum der Linken“ in JW vom 14./15.7.2018 S. 5). Dabei ist Partnerschaft nicht mit Mitgliedschaft